BAD SOBERNHEIM. Bad Sobernheim ist ein beliebtes Ferienziel für junge Menschen aus der jüdischen Gemeinschaft. Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) führt jedes Jahr im Sommer drei Gruppen zur „Sommer-Machane“, zur Jugendfreizeit, im Max-Willner-Heim auf dem Nohfels zusammen. Die zweite Runde des Ferienaufenthalts für jeweils an die hundert Kinder ist gerade zu Ende gegangen, die dritte in vollem Gange.
„Sobi-Land“, so nennen die Mädchen und Jungen liebevoll das weitläufige Terrain hoch über der Stadt. 98 Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren kommen aus ganz Deutschland hierher und genießen zehn unbeschwerte Tage bei Spiel, Gesang und Tanz. Stand im vergangenen Jahr die Erinnerung an die Staatsgründung Israels vor 75 Jahren als Thema im Mittelpunkt, liegt auf der aktuellen Freizeit ein Schatten. Die Kinder und das Betreuerteam aus Jugendlichen und Erwachsenen können die Gedanken an den Terroranschlag der Hamas auf israelische Dörfer sowie ein Tanzfestival am 7. Oktober 2023 nicht aus ihren Gedanken vertreiben. „Wir erklären das Geschehen kindgerecht und wie die Lage in Israel jetzt aussieht“, erläutert Xenia Segal, Leiterin der zweiten Freizeitrunde.
Bewusst hat man für die diesjährigen Machanot, so der Plural von Machane, den Titel „Chai“, hebräisch: Leben, gewählt. Im Sommer 2024 – nach jüdischer Zeitrechnung im Jahr 5784 – soll er jungen Leuten Freude und Hoffnung vermitteln. „Wir wollen das Leben voller Freude leben“, erklärt Xenia Segal. „Dazu gehört auch die Hoffnung, dass die Geiseln, die immer noch gefangen gehalten werden, wieder heimkommen und mit uns weitertanzen können.“ Den Kindern Freude am Leben zu vermitteln, ist in ihren Augen gerade vor dem Hintergrund der Situation in Israel das wichtigste Anliegen des Sommercamps. „Wir erklären den Kindern, wie sie mit dem Thema umgehen können.“
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Der Tanz als Ausdruck von Lebensfreude ist ein zentrales Element der Machanot. Altersgemäß eingeteilt in verschiedene Teams, alle benannt nach Tänzen wie Samba oder Mazurka, lernten die Kinder Tanzschritte und folgten einer Choreografie, die am Abschlussabend in einem Tanzfestival ihren Höhepunkt findet. Die Eltern sind per Zoom als Zuschauer dabei. Eine Dokumentation zeigte das Wirken der kürzlich verstorbenen Tirza Hodes, die noch als Hunderjährige von Israel aus unter anderem nach Bad Sobernheim gereist war. Generationen von jungen Leuten, aber auch Erwachsenen hat sie israelische Tänze gelehrt.
Viele der aktuellen Teamleiterinnen und -leiter haben schon als Kinder an den Machanot teilgenommen. So auch Judith Steinhauer. Die 26-jährige Studentin der Psychologie aus Berlin begleitet in diesem Jahr alle drei Freizeiten. Seit sie 16 Jahre alt war, ist sie als Betreuerin tätig. „Die Machanot sind ein Teil meines Lebens geworden und fest in meinem Kalender eingeplant“, berichtet sie. „Viele kommen jedes Jahr, aber es kommen auch immer wieder neue Leute dazu.“ Das Max-Willner-Heim sei für sie so etwas wie ein „save space“, ein sicherer Ort, wo sie Menschen aus ihrem eigenen Kulturkreis treffe. „Hier muss ich niemandem etwas erklären oder mich rechtfertigen“, erläutert sie.
„Man merkt den Kindern an, dass sie Hoffnung im Blick haben“, fasst sie ihre Erfahrungen mit den diesjährigen Machanot zusammen. Freude am Leben zu vermitteln sei ein Mittel, mit der Trauer umzugehen, die jungen Menschen durch die schlimmen Ereignisse in Israel zu schaffen mache. Sie fragt: „Wie soll man sonst weitermachen?“
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