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Große Herausforderungen mutig angehen: Kfz-Innung will Mehrwert für die Betriebe bieten

27.12.2022
REGION (red). Schlechte Rahmenbedingungen fordern Kfz-Betriebe heraus! So überschreibt der ZDK, der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe die Bilanz des Autojahres 2022. Unterkühltes Konsumklima, Inflation, Ukrainekrieg – vieles sei gar nicht beeinflussbar, schreibt der ZDK. Ein Grund mehr für die Kfz-Innung Rhein-Nahe-Hunsrück mit ihren 160 Betrieben alles zu tun, um das Beeinflussbare zu steuern. Innungsobermeister Friedhelm Lenhart weiß um Fachkräftemangel, Probleme durch gestörte Lieferketten und Corona-Pandemie.

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Auch E-Mobilität oder die auslaufende Förderung der Hybrid-Fahrzeuge sind Faktoren, die Kunden verunsichern. Dennoch gilt es gegenzusteuern. So schrieb die heimische Innung alle Zulassungsstellen in den drei Kreisen an, damit nicht „zwischen den Jahren“ bestellte und ausgelieferte Hybrid-Fahrzeuge unangemeldet bleiben und die 4500-Euro-Förderprämie versiegt. „Nur zwei Zulassungsstellen haben geantwortet“, zieht Lenhart Bilanz – die Stadt Idar-Oberstein und der Kreis Bad Kreuznach. Immerhin.  „Wir wollen für unsere Betriebe da sein und vermitteln, dass es sich lohnt, in der Innung zu sein“, wirbt Lenhart für aktive Mitgliedschaft. Die Kfz-Innung Rhein-Nahe-Hunsrück ist weiterhin unter dem Dach der Kreishandwerkerschaft aktiv, vollzieht aber ihre auch hoheitlichen also gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben mit einem eigenen Geschäftsbereich in Eigenverantwortung.

„Wir wollen künftig verstärkt als Dienstleister auftreten und wahrgenommen werden“, kündigt Lenhart an und nennt als einen ersten Baustein Schulungen in Sachen AU (Abgasuntersuchungen) in Bad Kreuznach. Lenhart sagt: „Wir werden das kostengünstiger anbieten können als andere Mitbewerber und vor allem machen wir das in der Region.“

Mehr Beratung und nicht nur Prüfung, nennt er die Marschrichtung. Beratung etwa in Sachen E-Mobilität. Elektromobilität müsse nicht jeder mögen und forcieren, aber man komme nicht drumherum. Den nötigen Transformationsprozess wolle man begleiten, wenn auch jeder Betrieb seine Hausaufgaben machen und sich selbstkritisch damit auseinandersetzen müsse. Er habe den Eindruck, dass bei vielen Autokunden ein Umdenken stattfindet, sagt Lenhart. E-Mobilität werde zunehmend als ganzheitlicher Prozess (kombinier mit eigener Stromerzeugung im Haus) empfunden, viele seien auch bereit zu investieren. Flächendeckend sei die E-Mobilität aber noch nicht angekommen, dafür fehle auch die Lade-Infrastruktur.

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Einerseits E-Mobilität, andererseits Pflege oder Sanierung historischer Automobile als technisches Kulturgut – diese riesige Palette an erforderlichem Wissen könne kaum jemand allein beackern. Da sei Spezialisierung nötig. Es müssten Gespräche mit Mitarbeitern geführt werden. Die Bedürfnisse und Vorlieben der Kunden und die immer komplizierteren technischen Entwicklungen in Neufahrzeugen erforderten großes Fingerspitzengefühl und exakte technische Diagnose fürs Machbare und wirtschaftlich Vertretbare. Bei all dem könne und wolle die Innung helfen.

Und man wolle auch dem ein oder anderen schwarzen Schaf in Werkstätten auf die Finger gucken. Wenn über den Preis das ein oder andere scheinbar repariert werde, wo weder Knowhow noch Erlaubnis dafür vorhanden sei, dann gelte es einzuschreiten, macht Lenhart klar. Er nannte ein Beispiel einer unsachgemäß vorgenommenen in einer städtischen Werkstatt vorgenommen Achsreparatur an einem hochpreisigen Auto. „Das Auto war nicht mehr fahrbar“, beschreibt er die gefährlichen Auswirkungen aus eigener Anschauung. Dagegen gelte es sich zu wehren.

Dass auch neue Technik mitunter gefährlich sein kann, ist von Batteriebränden bei E-Autos bekannt. Die Innung will hier die Feuerwehren mit ins Boot holen, „Hochvolt“-Schulungen anbieten. Da geht es darum zu vermitteln, was nach einem Unfall zu tun ist, bevor Insassen gerettet werden können, oder durch Beschädigung eine Antriebsbatterie anfängt zu brennen. In Anbetracht der vielbefahrenen Bundesstraßen 41 und 50 und vielen Unfällen sei es wichtig, dass Rettungskräfte wüssten, was zu tun ist, wenn E-Autos mit betroffen sind. Einerseits wird die E-Technik mit wartungsfreien Elektromotoren Arbeitszeit für Motorreparatur freimachen. Andererseits gelte es für Werkstätten, auch in diesen Bereich zu investieren und fit zu sein.

Vieles, was früher ein einfacher Handgriff war, wird mehr und mehr zur „Wissenschaft“. Das Auswechseln einer Abblendlicht-Birne bedarf bei modernen Fahrzeugen der exakten Messung. Betriebe, die den Lichttest (gibt es seit 1956) kostenlos für Kunden vornehmen, müssen einen zugelassenen Prüfplatz haben. Es reicht längst nicht mehr, am Rädchen zu drehen, bis der Lichtkegel stimmt. Viele Autos haben Niveauregulierung, Abblend-Automatik, sparen beim Ausleuchten der Fahrbahn vorausfahrende Autos aus. Auch in diesem Jahr war die Mängelquote beim Lichttest hoch und betrug: 27,8 Prozent (2021: 27,5 Prozent).  Vier Millionen Fahrzeuge mit korrekter Beleuchtung erhielten wieder ihre Lichttest-Plakette. Das ist ein Riesenaufwand, den die Betriebe mit 30 Euro pro Test veranschlagen. Entwarnung kann der Zentralverband nicht geben, denn mehr als jeder vierte Autofahrer ist mit Beleuchtungsmängeln unterwegs. Zu hoch sind 8,3, zu niedrig 9,4 Prozent der Scheinwerfer eingestellt. Bei drei Prozent war der Hauptscheinwerfer sogar ausgefallen. Das sind 1,4 Millionen Autos. Bei Nutzfahrzeugen lief es ein wenig besser: Mit 26,6 Prozent sank die Mängelquote deutlich. 2021 wurden noch 32,3 Prozent bemängelt. Dennoch gibt es noch viel Luft nach oben.

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Wie bei vielen anderen Themen: Besonders der Berufsnachwuchs macht dem Obermeister und seinen Kollegen Sorgen. Vielen Lehrlingen fehlen die wichtigsten Grundvoraussetzungen wie Lesen, Schreiben und Mathematik, bedauert er und fragt: Wie soll jemand eine zuverlässige Diagnose und hochkomplexe technische Beschreibungen verstehen und umsetzen können, wenn er schon das Berichtsheft nicht anständig führen kann. Über das Bildungssystem müsse man sich dringend Gedanken machen, auch über die Berufsschulstandorte und deren technische Ausstattung.

Einerseits also unbeeinflussbare Rahmenbedingungen wie schon 2022 andererseits eine lange Themenliste in der Region mit fast 350 000 Einwohnern. Viele Menschen sind und bleiben als Pendler auf das Auto angewiesen. Daher liegt das Werkstatt-Geschäft in Anbetracht extrem niedriger PKW-Neuzulassungen wieder auf dem Vorkrisen-Niveau von 2019. Das PKW-Durchschnittsalter liegt bei zehn Jahren, und je älter ein Auto ist, desto mehr Wartung, Reparatur und Wissen sind nötig.

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