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16. September 2024
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Interview: Landrätin Dickes blickt auf sieben Jahre Amtszeit zurück

KREIS BAD KREUZNACH. Seit sieben Jahren ist Bettina Dickes nun Landrätin und jährlich macht sie in einem Pressegespräch einen Rückblick auf die letzten zwölf Monate. Nahe-News traf sie jetzt zu einem Interview, um auf ihre erste Amtsperiode von Sommer 2017 bis Sommer 2024 Rückblick zu nehmen.

Frau Dickes, sind die Vorstellungen des Amtes der Landrätin, für Sie so eingetreten, wie Sie es sich 2017 vorgestellt haben?
Bettina Dickes: „Eigentlich ist es zu 100 Prozent so, wie ich es mir vorgestellt habe. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich nicht dachte, dass es 100 Stunden pro Woche werden.
Die Herausforderungen und Abläufe waren mir klar. Viele der Punkte, die ich mache, sind ja auch Punkte, die ich mir selbst setze. Insoweit ja, ich habe Gestaltungsspielraum und es ist genauso, wie ich das will.“

Was ist das Schöne für Sie an dem Job, der ja kaum einen Tag mit acht Arbeitsstunden hat?
„Ein ganz wichtiger Punkt ist der Kontakt zu Menschen. Dann weiß ich genau, wofür ich arbeite. Ich brauche diesen Austausch sozusagen als Kraftelixier und als Ansporn, Dinge umzusetzen, die den Bürgerinnen und Bürgern wichtig sind. Entscheiden können und Umsetzen gehört zu den wirklich schönen Aspekten meines Jobs.“

Gab es auch Dinge in Ihrer Amtszeit, außer Corona, die eintrafen, wo sie niemals damit gerechnet hätten?
„Klar, Corona war etwas, womit ich nicht gerechnet habe. Dass ich Feuerwehrfrau werde, war auch nicht geplant. Hintergrund hierfür war kein Ereignis, das den Landkreis betroffen hat, sondern es war vielmehr die Flutkatastrophe im Ahrtal, die mich dazu bewogen hat.
Auch die Tatsache, dass noch einmal ein solcher Ansturm von Flüchtlingen auf uns zukommt, war nicht zu erwarten – weder der Zuzug der vielen Menschen aus der Ukraine – noch die Flüchtlingswelle an sich.“

Nochmals zum Thema Feuerwehrfrau. Ist da nicht viel Promotion? Wenn Einsätze sind, haben Sie sehr wenig Zeit, wenn in Bad Sobernheim etwas ist. Was ist jetzt der Bewegungsgrund, warum Sie Feuerwehrfrau sind. Viele Bürger meinen, es sei Publicity.

„Für Publicity wäre es etwas viel Zeit, die ich investiere. Ich nehme das absolut ernst. Die Flutkatastrophe habe ich mit einem anderen Blickwinkel gesehen als vielleicht der Normalbürger. Ich habe mir immer wieder vorgestellt, was wäre denn, wenn so etwas hier bei uns im Landkreis passiert und ich in der Verantwortung gewesen wäre. Hätte ich es gut gemacht?

Mein Anspruch an mich selbst ist, dass ich die Dinge anständig wahrnehme. Ich habe mehrfach die Fortbildung an der Bundeskatastrophenschutzschule besucht, die es extra für Landräte gibt. Das ist auch gut so. Aber ich fühlte mich zumindest nicht gewappnet, um zu verstehen, was in solchen Katastrophen passiert, wenn ich auf die Frauen und Männer angewiesen bin, die an der vordersten Front sind. Dieses Gespür dafür, was geht und was nicht, das möchte ich bekommen. Im Extremfall würde ich als Feuerwehrfrau natürlich nicht mit vorn an der Front stehen. Aber ich kann direkt nachvollziehen, was es mit den Einsatzkräften macht.

Ich habe im Frühjahr meine Grundausbildung gemacht. Das war die Woche Urlaub, die ich dieses Jahr nicht „als Urlaub“ genommen, sondern in die Ausbildung gesteckt habe. Ich werde im November noch zwei ganze Tage Ausbildung machen. Ich bin nicht bei jeder Übung hier in Bad Sobernheim dabei. Das ist ehrlicherweise mit meinem Zeitbudget auch nicht zu stemmen, aber der Versuch, jede zweite Übung mitzumachen, ist da. Es geht mir tatsächlich um den Inhalt und ich möchte der Bevölkerung sagen können, wenn es hart auf hart kommt, dann werde ich mein Bestes geben und bin dafür auch gewappnet.“

Im Riesenrad auf dem Jahrmarkt genießt Bettina Dickes die Aussicht über die Kreisstadt und ihrem Dienstsitz der Kreisverwaltung.

Also sie möchten vor Ort direkt mitreden können, falls eine Katastrophe eintritt im Gegensatz zu dem Kollegen an der Ahr der in der Kritik steht?
„Jein. Ich bilde mir nicht ein, mit der Grundausbildung solch ein tiefes Fachwissen erworben zu haben. Aufgrund dessen habe ich einen BKI und viele Fachleute an meiner Seite, die im Katastrophenschutz deutlich besser ausgebildet sind und mich beraten.

Aber ich muss die Entscheidung treffen und die Abwägung der Beratung, ob ich den Weg jetzt nach rechts oder nach links gehe. Dazu ist dann meine persönliche Einschätzung der Lage gefragt und ich glaube, diese Einschätzung werde ich nach dieser Ausbildung deutlich besser treffen können.“

Bei welchem Thema hatten Sie außer Corona in den letzten sieben Jahren die meisten Bauchschmerzen?
„Beim Kitagesetz. Ich erlebe es vor Ort in den Kitas mit dem Team und erlebe auch, was es mit den Eltern macht, wenn die Verlässlichkeit von Kitas nicht mehr so gegeben ist wie vorher. Also die größten Bauchschmerzen hatte ich beim Kindertagesstättengesetz.“

Sie sind seit ihrer Amtszeit sehr viel auf Facebook aktiv und teilen Ihren Followern gerne mit, welche Termine sie so wahrnehmen. Natürlich gehören auch die vielen Feste und Fastnachtsveranstaltungen im Kreisgebiet dazu. Ihre Kritiker äußern sich oft, sie sollten diese Zeit lieber für die Verwaltungsarbeit einsetzen. Wie stehen Sie zu dieser Kritik?
„Ich weiß, dass es diese Kritiker gibt. Die sehen aber auch nicht, wie oft ich bis Mitternacht im Büro sitze und arbeite.
Der Besuch der Veranstaltungen findet zu Zeiten statt, an denen keine Büroarbeit stattfinden würde. Insoweit würde ich das jetzt mal voneinander trennen wollen. Natürlich gehe ich nach draußen und ich finde das extrem wichtig. Denn auch bei einer Fastnachtsveranstaltung nachts um zwei Uhr an der Bar werde ich angesprochen und ich mache mir Notizen, um Anliegen zu bearbeiten.

Bettina Dickes bei einer ihrer Marktplatzsprechstunde. Foto: Kreisverwaltung

Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit gesagt, ich möchte Bürger-Landrätin werden. Ich möchte ansprechbar sein, damit ich verstehe, wie wir am besten arbeiten. Dazu gehört für mich das vor Ort sein, der Kontakt zu den Menschen, dass auch keine Berührungsängste mir gegenüber da sind und auch das Verständnis, das die Menschen in Kirn anders sind, als die in Duchroth und diese wiederum anders sind, als die in Seibersbach. Damit muss man auch unterschiedlich umgehen. Ich glaube, diese Vernetzung hilft mir ungeheuerlich.

Als ich kandidiert habe, schrieb mal ein Journalist in der Zeitung: „Was ist schon eine Landratswahl, die Menschen haben gar keine Vorstellung, was ein Landrat so macht.“ Ich glaube, das ist jetzt anders, weil jeder weiß, was ich mache. Auch das gehört für mich zum Thema Transparenz in der Politik dazu, Menschen da mitzunehmen und vielleicht auch zu begeistern und auch die Scheu gegenüber der Politik ein bisschen zu nehmen.“

Im Gespräch war im vergangenen Jahr auch von Ihnen die Gründung einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft, eventuell zusammen mit dem Kreis Mainz-Bingen. Zuvor hatte dies auch der SPD-Landtagsabgeordnete Michael Simon vorgeschlagen. Am Dienstag, 27. August, verkündete die SPD-Landratskandidatin, Dr. Katharina Dahm, dass dieses Thema auch auf ihrer Agenda steht. Wie ist derzeit der Sachstand mit der Wohnungsbaugesellschaft?
„Ich habe mich im letzten Jahr sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, weil wir schon merken, dass wir viel zu wenig Wohnraum haben. Und da gehe ich gar nicht auf das Thema der Flüchtlinge ein, sondern auf bezahlbaren Wohnraum für die Familie, für die Krankenschwester, für junge Menschen, die aus der Familie ausziehen wollen. Genau dieser Wohnraum fehlt uns. Wenn wir heute im Internet nach einer Wohnung recherchieren, dann findet man Wohnungen, aber diese sind oft so hochpreisig, dass sie sich keiner leisten kann.

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Der Landkreis Mainz-Bingen hat mit seiner Kreiswohnungsbaugesellschaft angefangen. Da sind jetzt natürlich noch nicht Hunderte von Wohnungen entstanden. In Kooperation mit den Ortsgemeinden und dem Landkreis möchte man Wohnraum schaffen, der tatsächlich bezahlbar ist. Keine Sozialwohnungen für extrem Schwache, sondern Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung, die aber kein Vermögen verdient.
Ich finde das gut. Nachdem ich mich zunächst persönlich sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt habe, habe ich den Kreistag darüber informiert, dass ich das gerne vorstellen möchte und ich mir diesbezüglich grundsätzlich Offenheit wünsche. Wir hatten dann Ende letzten Jahres in der Sitzung des Kreistages eine Präsentation der Kreiswohnungsbaugesellschaft Mainz-Bingen und der Gewobau, die wiederum proaktiv auf mich zugekommen war.

Klar ist: wenn man das macht, dann ist es sehr viel Geld, um das es geht. Da kann man Entscheidungen nicht einfach übers Knie brechen. Da muss man wirklich Vor-Ort-Gespräche führen und genau recherchieren. Den Arbeitsauftrag habe ich an die Fraktionen gegeben, mit der Bitte, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Wir waren uns dabei einig, dass wir das Thema nicht in den Kommunalwahlkampf holen werden, wir aber jetzt, im Herbst, tatsächlich mit den Gesprächen in die Tiefe gehen wollen – immer noch ergebnisoffen, ob wir es tun oder nicht. Aber auf jeden Fall ist es kein überstürztes Thema, weil es sehr wohl ja auch finanzielle Auswirkungen hat.“

Sicherlich gab es auch viele schöne Themen für Sie? An welches denken sie besonders gerne zurück?
„Auch wenn ich vorhin gesagt habe, ‚Kindertagesstätten‘ sind ein schwieriges Thema, dann sind es auch die schönen Termine, dort vor Ort zu sein. Das Gefühl zu haben, man kann mithelfen in der Umsetzung und generell immer dann, wenn ich bei Menschen bin und merke, wir haben kleinere Projekte umgesetzt, die dann auch funktionieren.

Es war ein sehr gutes Gefühl, als unsere KRN-Busse nach den Anlaufproblemen endlich zuverlässig gefahren sind und den Fahrplan eingehalten haben. Neben dem Inhaltlichen ist es immer der Kontakt zu den Menschen. Etwas Besonderes war es, dass ich nach Corona alle wieder in den Arm nehmen durfte.“

Was fällt Ihnen zu folgenden Wörtern ein? Bitte versuchen Sie, diese mit einem Satz zu beantworten:
Kitas:
„Ganz schwierige Gemengelage und extrem motivierte Menschen.“
Schulen: „Baustelle, denn wir haben aus finanziellen Gründen viel Instandhaltungs- und Erweiterungsbedarf an unseren Schulen.“
Rettungswachen: „Es ist zum Glück jetzt für den Soonwald geklärt, dass wir dort die temporäre Außenwache haben, um den weißen Fleck abzudecken. Ansonsten warten wir auf die Beschlussvorlage des Landkreises Mainz-Bingen, die jetzt vorliegen sollte, damit wir auch die weiteren dringend notwendigen Rettungswachen im Kreis renovieren können.“
KRN: „Bin nach wie vor ein ganz großer Fan, denn wir können direkt auf die Bürgeranliegen eingehen.
Landrätin: Mein Traumjob, und ich hoffe, dass ich diesen auch weiter machen werde.“
Naheland: „Das Naheland ist meine Heimat und mit das Schönste, was ich kenne. Wenn ich noch ein Wort erweitern darf, ist es die Touristik. Diese wird eine der großen Herausforderungen sein, die wir nächstes Jahr haben werden. Wir sind im Gespräch, mit der Hunsrück-Tourismus, eine Fusion einzugehen.“
Fastnacht: „Das bin ich!“
Landratswahl: „Für mich sehr aufregend, weil ich natürlich gewinnen möchte. Parallel aber auch gefordert bin, meine Arbeit weiter fortzuführen. Aber es ist nun mal Demokratie. Schauen wir mal.“

Zum Abschluss noch eine Frage zur bevorstehenden Landratswahl. Ministerpräsident Alexander Schweitzer sagte bei der Nominierungsveranstaltung der SPD-Kandidatin, Dr. Katharina Dahm, dass sie eine gute Alternative zu Bettina Dickes sei. Wie beurteilen Sie Ihre Gegenkandidatin und wie schätzen Sie den Wahlausgang in Prozent ein?
„Oje. Er hat damit recht, dass es eine Alternative ist und Demokratie ist eigentlich immer dann gut, wenn man Alternativen hat und sich entscheiden kann. Im Moment sind es zwei Kandidatinnen – wir wissen nicht, was noch kommt!
Also, wenn man sich entscheiden kann, zwischen Katharina Dahm und mir, dann ist das ein wirklich wichtiges Zeichen von Demokratie. Ich habe absolut den Ehrgeiz, diese Landratswahl für mich zu entscheiden.“

Vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute.

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