06.12.2022
RHEINLAND-PFALZ (red). Anlässlich des Internationalen Tags des Ehrenamtes am 5. Dezember forderte der Gemeinde- und Städtebund den Landesgesetzgeber auf, die Rahmenbedingungen für die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister zu verbessern.
Von den 2.430 Gemeinden und Städten im Land werden 2.260 ehrenamtlich geführt, indem die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister diese Aufgabe in der Regel gleichzeitig neben einem Beruf ausüben. Dabei steigen die Anforderungen an das Amt seit Jahren immer weiter an. So werden viele der Kindertagesstätten über die Ortsgemeinden betrieben, die Schaffung von Anlagen alternativer Energien, von Nahwärmenetzen, von Wohnraum oder die Ansied- lung von Wirtschaftsunternehmen für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen – all das und viel mehr findet dort statt. Gleichzeitig werden die Aufgaben komplexer und immer mehr öffentliche und private Stellen sind zu beteiligen. Das erfordert Zeit.
Bürgermeister Aloysius Söhngen, Vorsitzender des GStB, und Stadtbürgermeister Lars Rieger, Vorsitzender des Arbeitskreises Ortsgemeinden und ehrenamtlich geführte Städte, zeigen sich angesichts der Entwicklungen besorgt: „Bürgermeisterin oder Bürgermeister ist man aus Leidenschaft. Es ist der Job, bei dem man unmittelbar für die Mitmenschen vor Ort da sein kann und die Zukunft gestaltet. Es gibt aber auch Schattenseiten. Neben der Mehrfachbelastung, Amt, Arbeit und Familie zeitlich miteinander vereinbaren zu können, treibt viele auch die Sorge vor einem Karriereknick oder Verdiensteinbußen – gerade in den aktuellen Zeiten – um.
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Wir beobachten mit Sorge, dass immer mehr ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sich die Frage stellen, ob sie die Aufgaben noch stemmen können und bei der Kommunalwahl 2024 nochmals antreten möchten. Bereits bei der letzten Wahl blieben zunächst 400 Ämter unbesetzt.“
Der GStB fordert daher Verbesserungen der Rahmenbedingungen. „Erforderlich ist ein Signal, dass die wichtige Arbeit der Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister nicht nur gesehen wird, sondern die Rahmenbedingungen auch tatsächlich verbessert werden. Hierzu gehört, dass die Regelungen zur Freistellung vom Arbeitgeber für das Amt und der Lohnersatz entbürokratisiert und ein gesetzlicher Anspruch auf eine pauschale Freistellung festgelegt wird, damit dieses nicht zum Spielball politischer Streitigkeiten im Rat wird. Auch muss die Aufwandsentschädigung entsprechend der gestiegenen Anforderungen an das Amt dringend erhöht werden“, so Stadtbürgermeister Rieger.
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Gleichzeitig verweist der Vorsitzende des Gremiums, das sich speziell mit den Interessen der ehrenamtlich geführten Gemeinden und Städten befasst, darauf hin, dass zur Entlastung der Amtsinhaber die Potentiale der Digitalisierung besser genutzt werden sollten: „Die oft zeitintensiven Prozesse müssen vereinfacht und digitalisiert werden. Die geplante gesetzliche Änderung, dass künftig auch Auftragsvergaben oder Verträge auf elektronischem Weg abgeschlossen werden dürfen, ist ein richtiger Ansatz, allerdings sollte hier auf die umständliche elektronische Signatur verzichtet und eine niedrigschwellige und rechtssichere Lösung angestrebt werden. Es kann nicht sein, dass eine Ortsbürgermeisterin oder ein Ortsbürgermeister für jede Unterschrift in die Verbandsgemeindeverwaltung fahren muss.“
Söhngen hob zudem die Bedeutung der Finanzausstattung hervor: „Wichtig ist vor allem auch, den Ortsgemeinden den finanziellen Handlungsspielraum zur Gestaltung zu ermöglichen. Wenn im Haushalt kein Geld für sogenannte freiwillige Leistungen wie Spielplätze, Parkbänke, Tourismusförderung oder auch Klimaschutzprojekte verbleibt und man für eine neue Schaukel immer gleich Spenden einsammeln muss, erzeugt der immense Frust vor Ort. Hinzu kommt, dass die Ortsgemeinden nunmehr weniger Geld durch den neuen kommunalen Finanzausgleich erhalten und, um Zuweisungskürzungen zu vermeiden, die Gewerbe- und Grundsteuersätze erhöhen sollen.“
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„Rheinland-Pfalz lebt von den ehrenamtlich getragenen Ortsgemeinden, die als bürgernächste Nähe eine wichtige Basis der Demokratie ist. Vielen Menschen ist aber gar nicht bewusst, dass die Frage, wie wir leben eben nicht in Berlin oder Mainz allein entschieden werden. Der Besuch im Landtag ist für viele Schulklassen obligatorisch. Auch der Besuch im Ratssaal sollte das für Schulklassen werden“, so Söhngen und Rieger abschließend.
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