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18. Dezember 2025
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Stefans Vermächtnis: Bewegender Vortrag zur Geschichte der Morsch-Stiftung

BIRKENFELD. Seit fast 40 Jahren widmet sich die Stefan-Morsch-Stiftung – am 20. Januar 1986 offiziell gegründet – dem Kampf gegen Leukämie. Bei einem von der Kreisvolkshochschule organisierten Vortragsabend im Festsaal des Birkenfelder Schlosses blickte Stiftungsgründer Emil Morsch unter dem Titel „Wie alles begann“ auf das Schicksal seines Sohnes Stefan zurück, das den Grundstein für die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands legte.

„Ich habe allerhöchsten Respekt vor dem Lebenswerk von Emil Morsch“, betonte Landrat Miroslaw Kowalski in seiner Begrüßung vor rund 20 Zuhörerinnen und Zuhörern. Emil Morsch und seine 2014 verstorbene Frau Hiltrud hätten nach dem Tod ihres Sohnes am 17. Dezember 1984 dessen ausdrücklichen Wunsch erfüllt und Pionierarbeit geleistet. Mit der aufgebauten Stiftung konnten sie bis heute weltweit Tausenden Menschen, die an Leukämie erkrankt sind, Hoffnung geben – und vielfach deren Leben retten.

„Das war Stefans Vermächtnis“, unterstrich Emil Morsch in seinem Vortrag. Gemeinsam mit Hendrik Weinz, dem neuen Vorstandsmitglied der Stiftung, nahm er das Publikum mit auf eine bewegende Reise – geprägt von ernsten Momenten, aber auch von persönlichen Anekdoten.

Morsch hat seine Erinnerungen bereits 2017 in dem 175-seitigen Buch „Hoffen, Helfen, Heilen“ ausführlich geschildert. Beim aktuellen Vortrag lag der Schwerpunkt jedoch auf der tragischen Geschichte seines Sohnes Stefan, dem am 31. Juli 1984 in Seattle als erstem Europäer erfolgreich Knochenmark eines unverwandten Spenders transplantiert wurde.

Der Gymnasiast war erst 16 Jahre alt, als ihm Leukämie – also Blutkrebs – diagnostiziert wurde. Bis dahin habe er selbst ein „beschauliches Beamtenleben ohne ausgeprägtes Helfersyndrom geführt“, erinnerte sich Emil Morsch. Um ihrem Sohn zu helfen, setzte die Familie alle Hebel in Bewegung. Denn innerhalb der Familie fand sich kein geeigneter Knochenmarkspender. Ein Fremdspender war die einzige Hoffnung, eine solche Transplantation bedeutete damals aber noch weitestgehend medizinisches Neuland.

Fündig wurden die Morschs schließlich über eine Organisation in London: Der Brite Terence Bayley kam als Spender für Stefan infrage, und mit dem späteren Medizinnobelpreisträger Edward Donnall Thomas gab es Seattle in den USA einen erfahrenen Spezialisten, der diese Eingriffe bereits durchgeführt hatte. „Sie waren aber gefährlich und zumindest in drei Fällen vorher auch missglückt“, erinnerte sich Emil Morsch in seinem Vortrag.

Eine weitere Hürde tat sich auf, als die Krankenkasse die Kosten für den experimentellen Eingriff zunächst nicht übernehmen wollte. Doch Emil Morsch blieb hartnäckig – eine Eigenschaft, die ihn, so Hendrik Weinz, „in besonderem Maße auszeichnet“. Mit Unterstützung des damaligen Stadt- und Verbandsgemeindebürgermeisters Erich Mörsdorf wurde 1984 ein bundesweiter Spendenaufruf gestartet. Vor allem in der Region war die Anteilnahme überwältigend: Innerhalb weniger Tage kamen 800.000 DM zusammen – eine Summe, für die Morsch bis heute große Dankbarkeit empfindet.

Dieser stolze Betrag wurde übrigens später zum finanziellen Grundstock für die Stiftung. Denn die Krankenkasse hatte sich schließlich doch noch zu Übernahme der OP- und Behandlungskosten bereit erklärt und es gab keinen Spender, der Geld zurückverlangt hätte.

So konnte Stefan Morsch mit seiner Familie in die USA reisen, und die Transplantation am 31. Juli 1984 verlief erfolgreich. Stefan, der Mathematik und Computer liebte, erklärte seinem Vater sogar noch in Seattle: „Ich mache dir das!“ – gemeint war das Programm, das eine Stammzellspenderdatei ermöglichen sollte.

Doch leider war es Stefan Morsch nicht vergönnt, dieses Projekt selbst umzusetzen. Obwohl er auf dem Weg der Genesung war und in Seattle als ambulanter Patient außerhalb der Klinik lebte, starb er am 17. Dezember 1984, kurz nach seinem 17. Geburtstag, an einer Lungenentzündung. Diese sei aber nicht die direkte Folge der Transplantation gewesen, sondern nach seiner Einschätzung waren es die Keime in Stefans Appartement gewesen, die dessen noch geschwächtes Immunsystem nicht vertragen habe, erklärte Emil Morsch in seinem Vortrag.

Als sich der Zustand ihres Sohnes dramatisch verschlechterte, wurden Hiltrud und Emil Morsch ins Krankenhaus gerufen – und mussten in aussichtsloser Lage Abschied nehmen. „Den Augenblick, in dem man ein Leben abschalten muss, vergisst man nie“, sagte Morsch sichtlich bewegt.

Nach Stefans Tod fühlten sich die Eltern seinem Wunsch verpflichtet. Mit dem Aufbau der Stammzellspenderdatei, die bei der Suche nach dem passenden „genetischen Zwilling“ hilft, gaben sie ab 1986 vielen an Leukämie erkrankten Menschen Hoffnung und eine reale Chance auf Rettung.

Viele bewegende Momente habe er seitdem erlebt, berichtete der 82-Jährige. Er erinnerte unter anderem an eine Typisierungsaktion in Istanbul, bei der an einem einzigen Tag rund 10.000 Blutproben entnommen wurden. Auch wichtige Meilensteine der Stiftungsgeschichte kamen zur Sprache – etwa die Mitgründung des Zentralen Knochenmark-Registers Deutschland (ZKRD) 1992, die Einrichtung der allerdings längst wieder geschlossenen KMT-Klinik in Idar-Oberstein im Jahr 1994 oder die Einrichtung des HNA-Speziallabors am Sitz der Stiftung in Birkenfeld, das seit 1997 Proben möglicher Lebensretter analysiert.

Heute beschäftigt die Stefan-Morsch-Stiftung rund 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemeinsam mit dem DRK wirbt sie weiterhin bei Typisierungsaktionen um potenzielle Stammzellspender. In der Datei sind aktuell etwa 500.000 Menschen registriert.

Die große Feier zum 40-jährigen Bestehen der Stiftung findet am Samstag, 19. September 2026, statt, kündigte Vorstandsmitglied Hendrik Weinz an.


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