REGION. Seit Mitte Januar wurden in der Region mehrere Tiere von einem oder mehreren Wölfen gerissen. Die Vorfälle haben in der Bevölkerung Besorgnis ausgelöst. Um die aktuelle Situation zu beleuchten und Ratschläge für Bürger zu geben, haben wir uns mit dem Jäger und Mitglied des geschäftsführenden Präsidiums des Deutschen Jagdverbandes (DJV), Klaus Nieding, unterhalten.
Herr Nieding, ein Wolf in der Nahe-Gegend, sorgt im Moment für Gesprächsstoff. Wann wurde der erste Fall von einem toten Tier bekannt, das durch einen Wolf gerissen wurde und auch durch eine DNA-Untersuchung bestätigt ist?
Klaus Nieding: „Dies war am Freitag, 17. Januar 2025.“
Wie viele bestätigte Fälle gibt es im Moment?
Klaus Nieding: „Im Moment gibt es vier gerissene Tiere. Weitere Probeuntersuchungen laufen noch.“
An welchen Orten wurden die toten Tiere aufgefunden?
Klaus Nieding: „Aufgefunden wurden sie im zuständigen Jagdrevier Bad Sobernheim am südlichen Naheufer zwischen Hotel BollAnt’s im Park und der Meddersheimer Nahebrücke (300 Meter neben dem Hotel) sowie südwestlich vom Freilichtmuseum, circa 1.000 Meter Luftlinie vom Museum entfernt.

Gibt es besondere wolfstypische Merkmale, an denen man erkennen kann, dass ein Tier von einem Wolf gerissen und getötet wurde?
Klaus Nieding: „Bei den Tieren stellt man einen Kehlbiss fest. Weiterhin ist die Bauchhöhle geöffnet und die inneren Organe wurden entnommen. Das Schulterblatt oder die Keule sind „verschwunden“.
Wie sollte man sich verhalten, wenn man einem Wolf begegnet?
Klaus Nieding: „Hunde sollten an die Leine genommen werden und man sollte nicht weglaufen, wenn man einen Wolf sieht, da das gegebenenfalls den Beutegreifertrieb des Wolfes animiert. Durch lautes Rufen oder Klatschen sollte man sich bemerkbar machen.
Gibt es auch Einschränkungen für Halter von Tieren?
Klaus Nieding: „Um es klar zu sagen: Der Wolf gehört in die Natur! Außerdem müssen wir abwarten, ob der Wolf dauerhaft sesshaft in unserer Region wird. Deshalb nochmals: keine Panik! Es ist keine Frage, ob er dauerhaft bei uns ansässig wird, sondern nur wann! Und dafür müssen wir Menschen uns auf seine Rückkehr einstellen, damit es nicht zu Konflikten kommt. Dazu gehört, dass ich als Weidetierhalter entweder wirksame Schutzvorrichtungen treffen muss oder die Tiere im Stall halte. Zäune haben sich nur bedingt als wirkungsvolle Abwehr erwiesen. Die wirksamste Abwehr sind Herdenschutzhunde, die aber in einem touristisch genutzten Gebiet wie unserer Region eventuell andere Probleme bereiten, denn sie unterscheiden nicht unbedingt zwischen Wölfen und Wanderern“.
Sicherlich ist diese Situation auch für Jäger nicht einfach. Was müssen sie beachten?
Klaus Nieding: „Es wird für uns Jäger deutlich schwieriger, an Wild zu kommen, da alles Wild mit dem Auftauchen des Wolfes extrem heimlich wird. Da können dann behördliche Abschussvorgaben gegebenenfalls nicht mehr erfüllt werden. Das ist ganz besonders problematisch im Hinblick auf die heranziehende Afrikanische Schweinepest bei den Wildschweinen, aber auch der Blauzungenkrankheit bei den anderen Schalenwildarten. Auch Drückjagden und Nachsuchen sind nicht mehr möglich oder nur noch unter ganz erschwerenden Vorsichtsmaßnahmen. Denn wir können unsere Jagdhunde nicht mehr ohne weiteres frei suchen und stöbern lassen. Die Erfahrungen aus anderen Wolfsgebieten in Deutschland (aktuell Brandenburg) zeigen, dass Jagdhunde im Einsatz vom Wolf getötet und gefressen werden. Der Wolf als solcher unterliegt, nicht dem Jagdrecht und die von ihm verursachten Schäden sind auch nicht wildschadenersatzpflichtig für die Jägerschaft. Er ist ein besonders streng geschütztes Tier und kann nur bei Vorliegen einer rechtskräftigen Ausnahmegenehmigung „entnommen“, also geschossen werden. Eine solche Genehmigung setzt unter anderem voraus, dass der Wolf zweifelsfrei mehrere Nutztierrisse verursacht und dabei geeignete Schutzvorrichtungen überwunden hat.
Wo können sich Bürger über das Thema „Wolf“ genauer informieren und wo kann man sich hinwenden, wenn man einen Wolf gesehen hat, oder man ein getötetes Tier sieht, das wahrscheinlich von einem Wolf gerissen wurde?
Klaus Nieding: „Jede Wolfssichtung sollte an das KluWo RLP gemeldet werden. Dort sollten auch Proben von gerissenen Tieren in Auftrag gegeben werden. Nur, wenn die Datenbasis stimmt, ist es nämlich möglich, Aussagen zu Wanderungsverhalten der Wölfe zu machen und vor allem eventuelle Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss sogenannter „Problemwölfe“ beantragen zu können.“
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für Sie!
Zur Person:
Der Bad Sobernheimer Jäger Klaus Nieding bewirtschaftet die Jagdreviere Bad Sobernheim und Meddersheim und ist ehrenamtlicher Bundesschatzmeister und als solches Mitglied des geschäftsführenden Präsidiums des Deutschen Jagdverbandes. In dieser Funktion erhält er Informationen zur Wolfssituation im gesamten Bundesgebiet, vor allem in den zahlenmäßig deutlich stärker betroffenen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und NRW. Klaus Nieding ist Rechtsanwalt/Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei „Nieding + Barth Rechtsanwalts-AG“ in Frankfurt.