WINDESHEIM / VG RÜDESHEIM. Für viel Gesprächsstoff sorgt seit Beginn dieser Woche der Fall eines afghanischen Flüchtlings in der Notunterkunft in Windesheim. Der 20-Jährige fiel in der Vergangenheit öfter negativ seinen Mitmenschen gegenüber in der Unterkunft auf. Weiterhin ist er auch zur Ausreise verpflichtet, allerdings ist er dieser bisher nicht nachgekommen.
Zum Hintergrund:
Der Flüchtling wurde im Jahr 2023 durch das Sozialamt der Kreisverwaltung der Verbandsgemeinde Rüdesheim zur Unterbringung zugewiesen und lebte in Schloßböckelheim. Da er mehrfach auffällig geworden ist und seine Mitmenschen aufforderte, „richtig“ zu beten, hat die Kreisverwaltung auf Bitten der Verbandsgemeinde ihn der Notunterkunft in Windesheim zugewiesen.
Wie die Kreisverwaltung mitteilte, erfolgte in dieser Angelegenheit eine Vernetzung zwischen allen beteiligten Akteuren, wie beispielsweise dem Sozialamt, dem Gesundheitsamt, dem Ausländeramt sowie den Polizeibehörden. Seitens des Landkreises wurden bereits im vergangenen Jahr sowohl die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier als auch das Integrationsministerium in Mainz um Rücknahme bzw. Rückführung der Person gebeten, da das Asylgesuch des Geflüchteten abgelehnt wurde und er vollziehbar zur Ausreise verpflichtet ist.
„Unser Schreiben an das zuständige Integrationsministerium vom November 2024 wurde im Januar 2025 beantwortet, mit der Bitte, zu versuchen, den Geflüchteten zur freiwilligen Ausreise zu bewegen“, so Landrätin Bettina Dickes im Gespräch mit Nahe News.
In der Vergangenheit hat der Mann einige Personen geschlagen und fiel durch Provokation auf. Bettina Dickes: „Dieses Verhalten macht uns durchaus Sorgen – ohne dass wir wissen, ob von ihm tatsächlich eine konkrete Gefahr ausgeht. Wir haben rechtlich keine Handhabe, ihn einzusperren.“ so Dickes.
Aufgrund seines Verhaltens bekam er in der Windesheimer Notunterkunft einen Container zugewiesen und zwei Sicherheitskräfte wurden extra beauftragt, rund um die Uhr für die Sicherheit der Bewohner in der Notunterkunft zu sorgen. Es gibt Tage, da ist, der 20-Jährige mehrere Tage abgängig und nicht in der Notunterkunft anzutreffen. Als ein Mitarbeiter Mitte Januar abgelenkt war, nutzte der Afghane die Möglichkeit und ging in das Haupthaus und legte sich in ein fremdes Bett und erzählte laut, dass die Bewohner panische Angst bekamen. Die monatlichen Kosten für den Sicherheitsdienst in Höhe von 40 000 Euro trägt nicht der Bund oder das Land, sondern die Kreisverwaltung allein.
In der Vergangenheit wurde der Mann auch zur Untersuchung in die Rheinhessenfachklinik eingeliefert, um ihn in Hinblick auf eine mögliche Fremdgefährdung untersuchen zu lassen. „Nach ein paar Stunden wurde er wieder entlassen, weil kein Gefährdungspotenzial festgestellt werden konnte“, erzählt Bettina Dickes.
Nachdem die VG-Verwaltung in Rüdesheim diesen Fall öffentlich gemacht hatte, weil der Mann wieder in einer Wohnung in der VG Rüdesheim untergebracht werden soll, meldeten sich auch die Politiker aus dem Kreis zu Wort.
Für den Bürgermeister der VG Langenlonsheim-Stromberg, Michael Cyfka ist diese Situation gerade nach den Attentaten in Magdeburg und Aschaffenburg unverständlich. „Zuständig für den Kreis ist der Beigeordnete der SPD, Herr Kohl. Seit September ist der Asylsuchende abgelehnt, hat kein Bleiberecht. Wir fordern die SPD auf, sich endlich für den Schutz der Bevölkerung einzusetzen – sowohl der zuständige Beigeordnete als auch das Land dürfen nicht länger unsere Kommunen hängen lassen“, so Cyfka.
Verwundert über diese Aussagen von Michael Cyfka zeigte sich der Erste Kreisbeigeordnete Oliver Kohl. „In der Kreisverwaltung ist für die Ausreise des Geflüchteten die Ausländerbehörde zuständig, nicht das Sozialamt. Die Ausländerbehörde liegt nicht in meinem Verantwortungsbereich“, teilte Kohl mit.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner äußert sich besorgt: „Die Tatsache, dass dieser Mann ausreisepflichtig ist, aber nichts geschieht, wirft ernsthafte Fragen auf. Und daher reicht es nicht, bestehende Gesetze und Verfahren zur Ausweisung von Personen zu überprüfen. Wir müssen diese vor allem konsequent umsetzen. Reden allein reicht nicht aus.“
Bürgermeister Michael Cyfka stellt sich natürlich die Frage: „Muss denn tatsächlich erst etwas Schlimmes passieren, das hier gehandelt und der Mann endlich abgeschoben wird? Nach meinen Informationen hat der Afghane eine absolute Gewaltbereitschaft gegen Menschen, das hat er leider schon unter Beweis gestellt. Die Windesheimer Bevölkerung ist sehr stark verunsichert. Die Telefone stehen nicht mehr still“, teilte Cyfka mit.

Über diesen Fall informierte Julia Klöckner auch Bundeskanzler Olaf Scholz, mit der Bitte um eine Hilfeleistung. Denn der Bund sei für die Rückflüge zuständig. „Weshalb geschieht das nicht? Aktiv sind Sie mit Rückflügen kurz vor den Landtagswahlen im vergangenen Jahr gewesen. Das ist Monate her. Seitdem ist mir kein Rückflug nach Afghanistan bekannt, oder irre ich mich? Der Kommune sind die Hände gebunden, lassen Sie die Menschen meines Wahlkreises bitte nicht hängen, und werden Sie endlich tätig! Oder was ist Ihre Antwort an die Menschen in meinem Wahlkreis?“, so Klöckner in ihrem Schreiben an den Kanzler.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Joe Weingarten äußert sich ebenfalls besorgt hinsichtlich des Umgangs mit dem ausreisepflichtigen afghanischen Flüchtling. „Die Abschiebung muss unverzüglich durchgeführt werden. Wir müssen die geltenden Gesetze umsetzen und Personen, welche sich nicht in unserem Land aufhalten dürfen, konsequent abschieben“, so Weingarten.
Auch er nahm Kontakt zu der zuständigen Landesministerin Katharina Binz und Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf, mit der Bitte, das Abschiebeverfahren unverzüglich durchzuführen.
Der SPD-Politiker stellt klar: „Wir brauchen Zuwanderung ausländischer Fachkräfte, um unser System aufrechtzuerhalten. Ebenso müssen wir denen, die Schutz benötigen, Schutz bieten. Wir müssen allerdings auch diejenigen, die sich unrechtmäßig in Deutschland aufhalten, konsequent abschieben“.
Auch die SPD-Landtagsabgeordneten Michael Simon und Markus Stein äußern sich zu diesem Thema. „Die Sachlage ist eindeutig: Der Mann, der zu oft negativ auffällig geworden ist, ist vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Wir haben im Interesse der Allgemeinheit die klare Erwartung, dass dies so zeitnah wie möglich vollzogen wird. Es gehört zum Weg, den wir in Rheinland-Pfalz gehen, dass eindeutig gefallene Entscheidungen und Urteile auch umgesetzt werden. Da darf es keinerlei Spielraum geben“, betonen Simon und Stein.
Die beiden Landtagsabgeordneten üben Kritik auch an Landrätin Dickes und Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner. „Wenn es dabei ob der Sonderlage in Afghanistan zu unvermeidbaren Verzögerungen kommt, dann haben wir die ebenso klare Erwartung, dass die Landrätin Bettina Dickes, Kreisverwaltung und Ausländeramt ihrer Zuständigkeit und Verantwortung gerecht werden und bei Bedarf auf die Option einer Abschiebehaft zurückgreifen. Es ist die Aufgabe der Ausländerbehörde des Kreises, eine solche zu beantragen. Unser Eindruck ist, dass dies nach den vorliegenden Informationen im Sinne der Betroffenen geboten scheint, dies gerichtlich zu beantragen.“
Gleichzeitig äußern sie, dass es der Bevölkerung und Betroffenen überhaupt nicht hilft, parteipolitisch motivierte Schuldzuweisungen zu äußern oder klar geregelte Zuständigkeiten zu verschleiern.
„Dies mussten wir leider in den vergangenen Tagen erneut, vor allem von Frau Klöckner, erleben. Probleme löst man nicht mit falschen Vorwürfen oder Populismus, sondern mit Handeln und einem klaren Kompass. Unserer heißt Humanität und Ordnung. Der Kompass der CDU scheint derzeit bis hinauf zur Bundesebene massiv gestört zu sein“, so Stein und Simon abschließend.
