04.11.2022
Von Markus Wolf
BAD KREUZNACH. Fast jedes Unternehmen hat im Moment mit der aktuellen Krise zu kämpfen. Darunter auch die GEWOBAU in Bad Kreuznach. Wir sprachen, mit Geschäftsführer Karl-Heinz Seeger über die aktuelle Situation und er gab in dem Interview auch ein paar Tipps, wie jeder Energie sparen kann.
Herr Seeger, wie verliefen die ersten zehn Monate im Jahr 2022 für die Gewobau?
Karl-Heinz Seeger: „Die letzten Monate waren schon eine große Herausforderung. Unsere Branche war eine lange Zeit durch eine außergewöhnliche Stabilität geprägt. Von diesen Sicherheiten haben wir uns jetzt verabschieden müssen. Heute werden also die Karten jeden Tag neu gemischt. Es ist so, wie es Alexander Richter (Verbandsdirektor des VDW Rheinland-Westfalen) einmal formuliert hat: Aus Konstanten werden jetzt Variablen.
Plötzlich erlebt die Wohnungswirtschaft Preisentwicklungen wie in den letzten 50 Jahren nicht mehr. Die Kapazität von Bauindustrie, Gewerbe und Handwerk bleiben unverändert knapp und zusätzlich steuern wir in eine Zinswende hinein. Das ist genau das, was wir eigentlich nicht brauchen. Dazu kommt noch der allgemeine Fachkräftemangel. Das alles ist ein „Kessel Buntes“, wie man so schön sagt. Die ganze Situation ist auch für uns als städtische Wohnungsbaugesellschaft sehr herausfordernd.“
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Man hört täglich von Krisen in den Nachrichten. Sicherlich ist auch die Gewobau von Lieferungsverzögerungen an ihren Baustellen betroffen. Wo hakt es im Moment besonders?
Karl-Heinz Seeger: „Das fängt bei Stahl und Beton an und hört bei Holz und Luftwärmepumpen auf. Durch die Bank weghaben wir teilweise Kostensteigerungen von 70 Prozent in diesen Bereichen. Das ist für unser kleines Team schon täglich eine Herausforderung.
Wir haben aber langjährige Partner, mit denen wir langfristige Verträge haben. Damit ist das natürlich einfacher, diese Themen anzugehen.“
Nicht nur Lieferverzögerungen sind ein Thema für sie, sondern Corona ist ja auch noch nicht vorbei. Auch die Wintergrippe-Welle ist da. Gibt es bei Ihnen auch Krankheitsfälle?
Karl-Heinz Seeger: „Das haben Sie ja eben hier selbst festgestellt. Fast die Hälfte der 17 Mitarbeiter sind krankheitsbedingt ausgefallen. Das ist auch für mich eine besondere Situation und eine ziemliche Belastung. Wir haben leider keine Reserven bei der Gewobau. Von daher ist das schon schwierig. Aber ich muss auch betonen, dass wir ein sehr gutes Team mit motivierten Mitarbeitern haben, die sich auch abteilungsübergreifend unterstützen. Bestes Beispiel: Ich habe jetzt meine Vorzimmer-Mitarbeiterin in die technische Abteilung geschickt, weil diese im Moment nur mit einem Mann besetzt ist. In der Krise zeigt sich auch immer, aus welchem Holz die Mitarbeiter geschnitzt sind.“
Sicherlich haben auch ihre Mieter Ängste, was bezüglich der Energiepreise noch auf sie zu kommt. Gibt es schon viele Mieter, die sich bereits an die Gewobau gewandt haben und welche Ratschläge geben Sie Ihnen?
Karl-Heinz-Seeger: „Der Hauptratschlag ist natürlich erst einmal weniger zu verbrauchen. Das ist aber auch nicht immer möglich. Wir lassen da unsere Mieterinnen und Mieter aber nicht allein. Meine Mitarbeiter aus der Vermietungsabteilung führen fast täglich mehrere Gespräche mit besorgten Mietern. Zusätzlich haben wir auch alle Mieterinnen und Mieter, die an einem zentralen Heizsystem angeschlossen sind, ihr Gas also nicht direkt von einem Gasversorger beziehen (das sind ca. ein Drittel) bereits Anfang September angeschrieben und über die nicht vermeidbaren Erhöhungen der Heizkostenvorauszahlungen zum 01.01.2023 informiert. Dabei erhöhen wir nur um den Betrag, den auch wir an unseren Energieversorger mehr zahlen müssen. Zusätzlich haben wir auch ein Informationsblatt zu einem sparsameren und korrekten Heiz- und Lüftungsverhalten mitverschickt. Anfänglich hatten wir Preissteigerungen von 230 %. Glücklicherweise sieht es zurzeit so aus, dass die Preissteigerungen durch Gaspreisdeckel und Energiesparmaßnahmen doch geringer ausfallen werden. Sobald es da konkretere Zahlen gibt, werden wir unsere Mieterinnen und Mieter entsprechend informieren und die Heizkostenvorauszahlungen anpassen.
Welche persönliche Energiespartipps geben Sie Ihren Mietern und können Sie auch unseren Nahe-News Leserinnen und Lesern ein paar Ratschläge geben?
Karl-Heinz Seeger: Wie erwähnt, haben wir unseren Mieterinnen und Mieter bereits im Sommer über die leider steigenden Energiekosten informiert und Ihnen aber auch gleichzeitig Ratschläge zum Heiz- und Energiekosten sparen mit an die Hand gegeben:
- Raumtemperatur anpassen – Wenn die Temperatur nur um 1 Grad Celsius gesenkt wird, spart das rund 6 Prozent Energie.
- Heizung vor dem Lüften abdrehen – ansonsten heizen die Thermostatventile permanent nach.
- Wärmeabgabe des Heizkörpers nicht behindern – Heizkörper sollten freigehalten werden, sodass sich die Wärme rasch im Raum verteilen kann.
- Stoßlüftung statt Kipplüftung – lieber mehrmals am Tag die verbrauchte Luft und die Feuchtigkeit durch kurzes Stoßlüften (etwa fünf Minuten lang) austauschen und in der übrigen Zeit die Fenster besser geschlossen halten.
- Heizung nachts und bei Abwesenheit gezielt herunterdrehen – Sie sparen Energie, wenn Sie die Raumtemperatur nachts oder bei längerer Abwesenheit auf ca. 16 – 17 °C verringern.
- Licht und Elektrogeräte beim Verlassen des Raums ausschalten – Überlegen Sie immer genau, ob das Licht gerade wirklich überall brennen muss und Sie das laufende Elektrogerät aktuell benötigen.
- Elektrogeräte nicht im Stand by-Modus lassen – Lassen Sie Fernseher und andere Elektrogeräte nach der Nutzung nicht im Stand-by-Modus, sondern schalten Sie sie ganz aus.
- Umstellung auf LED-Technik und energiesparende Elektrogeräte – Durch die Umstellung auf LED-Technik und energieeffizienter Haushaltsgeräte (Kühlschrank, Waschmaschine etc.) können Sie jedes Jahr bares Geld einsparen.
Ihre persönliche Einschätzung: Wie lange glauben Sie, wird die Krise in Deutschland noch anhalten?
Karl-Heinz Seeger: „Auf jeden Fall über das Jahr 2023 hinaus. Deutschland war auf so eine Krise nicht vorbereitet. Zudem fahren wir jetzt auch in eine Rezession hinein. Besonders von der Politik wünscht sich auch die Wohnungswirtschaft mehr Unterstützung. Wichtig ist nun, die Situation sozial beherrschbar zu machen. Wir tun als Wohnungsunternehmen, das was wir können, um die Auswirkungen dieser Krise nicht so stark spürbar zu machen. Wir brauchen dazu aber auch eine zuverlässige Förderlandschaft, rechtzeitige Liquiditätshilfen und Steuersenkungen auf Energie. Das wird jetzt endlich von der Politik gemacht.
Gott sei dank kam der von uns schon lange propagierte Strom- und Gaspreisdeckel. Was wir dann noch machen, ist ein temporäres Kündigungsmoratorium, dass die Leute eben nicht ihren Wohnort oder Wohnplatz verlieren. Ebenso unbürokratische finanzielle Unterstützung für Haushalte mit niedrigem Einkommen. Vor allem weniger regulatorische Hürden wären wichtig. Die Liste ist da lang´.
Was wir für die (hoffentlich nicht so kalten) Wintermonate anbieten werden, sind Wärmeinseln, wo dann die Mieterinnen und Mieter hingehen können, wenn es ganz extrem wird. Da sind wir in enger Kommunikation mit der Stadt. Man rückt in so einer Krise dann auch dichter zusammen. Das wird meiner Ansicht nach auch gut von der Stadtverwaltung gemanagt.“
Im Sommer gab es einen Wechsel im Stadtvorstand: Emanuel Letz löste Dr. Heike Kaster-Meurer als Oberbürgermeister ab. Der OB ist auch im Aufsichtsrat und Hauptgesellschafter der Gewobau. Wie klappt die bisherige Zusammenarbeit mit dem neuen OB?
Karl-Heinz Seeger: „Die Zusammenarbeit klappt in vielen Bereichen sehr gut. Neben der Funktion als Hauptgesellschafter ist Herr Letz natürlich auch Ansprechpartner für den Bereich der energetischen Optimierung. Da sind wir in enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung und auch den Stadtwerken. Gerade beim Thema Ressourcenknappheit gilt es uns gegenseitig zu helfen und gemeinsam Lösungen zu finden.“
Sie sind seit einigen Monaten auch Senatsmitglied beim Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA). Sie leiten gleichzeitig auch die Kommission „Wohnungswirtschaft“. Für welche Aufgabe sind Sie bei der BWA zuständig?
Karl-Heinz Seeger: „Die Aufgaben sind vergleichbar mit denen als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Wohnungsunternehmen (ARGE), der ich auch seit November 2021 bin. Es geht im Wesentlichen um strategische Überlegungen, wie wir die großen Herausforderungen im Wohnungsbau lösen können und die Herausforderungen sind so vielfältig. Von der energetischen Lösung bis hin zu den PVT-Anlagen. Die BWA ist eine internationale Organisation.
Im Bereich der regenerativen Technik haben wir dort auch mit chinesischen Partnern Kontakte geschlossen, um besseren Zugang zu diesen Technologien für den Wohnungsbau zu bekommen. Daneben geht es im Wesentlichen auch um modulare Bau- und Bestandsmodernisierung. Das Feld ist sehr vielfältig.“
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Seit 2007 leiten Sie die Geschicke der Gewobau. Was hat ihnen in dieser Zeit besonders gefallen und worüber ärgern sie sich heute noch?
Karl-Heinz Seeger: „Es ist ein Privileg für mich, dieser Firma vorzustehen und den Aufbau über die Jahre mitgestalten zu dürfen. Ein wichtiges Thema für mich ist auch, die Modernisierung des Bestandes weiter voranzutreiben. Aber auch die Aus- und Weiterbildung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist mir ein besonderes Anliegen. Wir sind ein kleines, aber feines Team, eine schlanke Yacht und kein schwerer Kreuzer.
Ärgern tut mich eigentlich nichts. Ich freue mich, dass ich wirklich einem tollen Team vorstehe. Das ist es auch, weshalb wir die Gewobau zu einem der erfolgreichsten Unternehmen (in unserer Größe) in Rheinland-Pfalz gebracht haben. Das ist eine Aufgabe, die man aber nicht allein schaffen kann, sondern nur mit einem tollen Team, einem guten Aufsichtsrat und loyalen Unterstützern.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für Sie!
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