KREIS BAD KREUZNACH. Es war ein Treffen, auf das viele gewartet haben. Die Landratskandidatinnen, Herausforderin Dr. Katharina Dahm (SPD) und jetzige Landrätin Bettina Dickes (CDU) trafen sich am Dienstag im voll besetzten Bürgerhaus in Waldböckelheim zu einer Podiumsdiskussion, zu dieser der Öffentliche Anzeiger eingeladen hatte. 300 Interessierte konnten in der fast zweistündigen Veranstaltung einiges über die Kandidatinnen erfahren.
Die Bürger haben am Sonntag, 10. November die Wahl zwischen zwei Frauen, die zwar Partei bedingt in vielen Punkten verschiedene Meinungen haben, aber sicherlich in der Lage wären den obersten Kreistagsstuhl neu zu besteigen oder weiterhin in Anspruch zu nehmen.
Zu Beginn der Veranstaltung, die von Thomas Haag und Marian Ristow moderiert wurde, stellten sich die beiden Kandidatinnen innerhalb von 60 Sekunden vor. Bei einem Sieg möchte die Herausforderin frischen Wind und neue Ideen in das Kreishaus bringen.
Die amtierende Landrätin teilte den Gästen mit, dass sie schon sehr lange vor ihrem jetzigen Amt ehrenamtlich in der Politik tätig war und Landrätin mit Leidenschaft sei. Stolz sei sie, dass sie jeden Ort im Landkreis besucht habe und sie auch für die Heimat da sei.
Begeistert vom Wahlkampf zeigte sich Katharina Dahm. Sie sei positiv überrascht und werde überall mit offenen Armen empfangen. Sie spüre aber bei ihren Besuchen eine Politikverdrossenheit. „Der Wahlkampf macht Spaß und ich habe eine tolle Resonanz“, sagte Dahm.
Für die Amtsinhaberin Dickes ist momentan der Wahlkampf erstmals ein Spagat, da sie strikt darauf achten muss, dass es keine Vermischung zwischen ihrem Amt und dem Wahlkampf gibt.
Antworten auf die Frage, was Sie mit einer freien Finanzspritze von 100 Euro machen würde?
Katharina Dahm: „Ich würde meinen Mitarbeitern Danke sagen in Form eines Blumenstraußes.“
Bettina Dickes: „Ich würde einen Blumenkübel mit Blumen für alle meine Mitarbeiter kaufen und wenn es mehr, als 100 Euro wären, würde ich einen Förderkindergarten errichten.
Ein Thema war auch die Frage, wie es mit dem Kirner Krankenhaus weitergeht, nachdem die Stiftung kreuznacher Diakonie eine Neuausrichtung ihrer Krankenhäuser beschlossen hat, und das Kirner Krankenhaus nicht mehr dort erscheint. Für Bettina Dickes ist es jetzt wichtig, wie das Land zum Kirner Krankenhaus steht. Wenn es von der Landesregierung als systemrelevant eingestuft wird, müsste sich der Kreis dafür einsetzen, dass der Krankenhausbetrieb weiterhin gewährleistet wird.
Auf die Aussage von Thomas Haag an Dr. Katharina Dahm, dass es einen Brief an die Mitarbeiter dieser Kliniken gibt, in dem sinngemäß steht: „Macht euch keine Sorgen, für euch ändert sich nichts“, würden Sie den Arbeitnehmern in den Kliniken sagen, ja da könnt ihr euch darauf verlassen. Darauf antwortete Dahm: „Also wenn ich das richtig der Presse entnommen habe, geht es darum, dass eine gemeinnützige GmbH gegründet wurde. Eine gGmbh ist insolvenzrechtsfähig. D. h. die Tatsache, dass das Kirner Krankenhaus nicht drin ist, spricht erstmal dafür, dass das Kirner Krankenhaus nicht in die Insolvenz geht. Eine gGmbH ist eine Konstruktion, um eine Insolvenz abzuwickeln. Daher würde ich vielleicht gerne die Panik etwas herunterfahren.“
Wie sie weiter ausführte, weiß auch das zuständige MWG-Ministerium von nichts, mit dem sie am Morgen noch telefoniert habe. „Das Krankenhaus gehört zur Daseinvorsorge und ist jeden Cent wert“, so Dr. Katharina Dahm. Für sie wäre es bei einer Schließung wichtig, falls ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) entsteht, dass es gewährleistet ist, dass lebensbedrohliche Notfälle auch in Kirn behandelt werden. Dem widersprach Landrätin Dickes, da bereits jetzt Notfälle wie Schlaganfälle und Herzinfarkte in anderen Krankenhäusern mit Fachärzten behandelt werden. Die Einrichtung eines MVZ mit Fachärzten ist für die Landrätin nicht unwahrscheinlich.
Da sich auch das Bad Kreuznacher Sankt Marienwörth Krankenhaus in der Insolvenz befindet, geht Bettina Dickes davon aus, dass es irgendwann zu einem Zusammenschluss zwischen dem Marienwörth und dem kreuznacher Diakonie Krankenhaus kommen wird.
Beim Thema Migration sagte die Landrätin, dass man das Thema offen ansprechen muss. Es sei ein großes Thema an den Schulen und die Mitarbeiter der Ausländerbehörden hätten viel Arbeit.
Für die Landrätin ist es wichtig, dass man die Flüchtlinge unterstützt und versucht Unterkünften zu finden, um ein menschenwürdiges Leben zu führen. Bezüglich der freien Wohnräume sagte Dickes, dass man mittlerweile das nehmen müsse, was angeboten wird. Sie und ihre Mitarbeiter stellten in der letzten Zeit immer wieder fest, dass die Realität anders ist, als dass eine Familie mit zwei Kindern kommen würde. In den meisten Fällen seien es junge Männer. Beispielsweise sei die Stimmung in der Windesheimer Unterkunft nicht wünschenswert. Dickes stellte auch klar, dass man einen strikten Kurs fährt, und Personen regelmäßig abschiebt, bei denen kein Asylrecht vorliegt.
Für Dr. Katharina Dahm ist es beim Thema Migration wichtig, dass man zwischen Bleiberecht und humanitärer Hilfe differenziert. Auch wenn man kein Bleiberecht hat, muss man diese Personen unterstützen. Für sie ist eine dezentrale Unterbringung das Ziel. In Bezug auf die Villa Anheuser in Bad Kreuznach sind für Dahm die Anwohner vor vollendete Tatsachen gestellt worden. „Wir müssen immer die Bevölkerung mitnehmen und zusammen eine Lösung finden“, so Dr. Dahm.
Auf ihre kritischen Aussagen bei der Fernseh-Talkshow „Markus Lanz“ angesprochen, verteidigte die Landrätin ihre Aussagen. „Die Mitte traut sich nicht mehr, die Fakten auszusprechen, weil der rechte Rand größer wird. Ich sage das, was man auf der Straße hört. Dem Volk auf das Maul zu schauen, ist kein Populismus. Ich bin bei den Menschen“, so Dickes.
Die Herausforderin hat hier eine andere Sichtweise. Für sie sollte man nicht nur auf das Volk hören, sondern auf Expertenmeinungen setzen. „Wenn ich zehn Anrufe bekomme, wer sagt mir denn, dass es das ganze Volk ist?“, so Dahm.
Antworten auf die Frage, welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Katharina Dahm: „Erst wollte ich Zoodirektorin werden und danach Polizistin“
Bettina Dickes: „Ich wollte als Kind Lehrerin werden“
Finanzen
Dem Kreis wird auferlegt, zahlreiche Schulen zwischen 2026 und 2030 zu sanieren. Die Kosten belaufen sich auf 300 bis 400 Millionen Euro. „Ich bin ratlos, wie wir das finanzieren sollen, weil unter anderem in den letzten Jahren die vorhandene Infrastruktur vernachlässigt wurde. Einen Haushalt auf null zu bringen, werden wir nie schaffen. Ohne Hilfe von Bund und Land kann es nicht gelingen, da die Aufgaben immer mehr ansteigen“, ist sich Dickes sicher.
Der Bürokratieabbau ist für Dr. Dahm ein wichtiges Thema. Erneuerbare Energien und ein neues Klimaschutzkonzept im gesamten Kreis auszuarbeiten, sind Schwerpunkte, die man im Haushalt einsetzen könnte, um Geld zu sparen.
Landrätin Dickes betonte, dass Einnahmen aus erneuerbaren Energien nicht umlagefähig sind und ausschließlich in die Gemeindekassen fließen. Der Kreis partizipiert davon nicht.
Katastrophen:
Dass man mit dem Amt der Landrätin auch oberste Katastrophenschützerin ist, wo es um Leben und Tod geht, war Bettina Dickes zu Beginn ihrer Amtszeit klar. Allerdings hätte sie nie mit einer Ahrflut gerechnet. Beim Thema Corona wusste man nicht, was kommt. Für sie war es die Zeit, in der sie erstmals nicht schlafen konnte, weil eine falsche Entscheidung ein Menschenleben hätte kosten können. Sie ist stolz darauf, wie sie zusammen mit ihrem Team der Corona-Stabstelle die Pandemie gemeistert hat. Dabei dachte sie an die wöchentlichen Verordnungen der Landesregierung zurück, die man freitags bekam und dann stundenlang bewertet hat. Denn für die Kreischefin war es immer wieder wichtig zu schauen, welche Lockerungen trotzdem durchführbar sind.
Dr. Katharina Dahm erinnert sich, dass man an der Hochschule auch pragmatisch gehandelt hat und keine Lesung ausgefallen ist. „Man sollte schon die Ermessensspielräume ausnutzen“, so Dr. Dahm, die auch bereits diverse Gespräche geführt hat, was bei einer Katastrophe zu machen ist.
Führungsstil:
Im Falle eines Wahlsieges sieht die Herausforderin ihren Führungsstil darin, die Kreisverwaltung als einen Maschinenraum für den Landkreis vorzuhalten, um bürgernah zu sein. „Ich werde hauptsächlich am Schreibtisch sitzen und ab und an einmal auf eine Kirmes oder Weinfest“, so Dr. Dahm.
Diese Aussage ließ Dickes allerdings nicht auf sich sitzen. „Ich komme von Montag bis Freitag meiner Arbeit in der Kreisverwaltung im Büro nach, so wie auch meine Mitarbeiter. Am Wochenende gehe ich auf die Feste nicht als Privatperson, sondern als Landrätin, um die Arbeit der Ehrenamtlichen zu würdigen“, sagte Dickes. Wichtig ist für die Landrätin, einen kooperativen Führungsstil zu haben. „Meine Tür steht für alle Mitarbeiter offen. Man muss gemeinsam arbeiten und die Mitarbeiter wertschätzen und sie auch mitnehmen“, so Dickes abschließend.
Nach den geplanten 90 Minuten plus 15 Minuten Verlängerung endete die Podiumsdiskussion mit viel Applaus für die beiden Kandidatinnen. Nun kann der Wähler am Sonntag, 10. November oder auch schon jetzt per Briefwahl entscheiden, wer ab 2025 für die nächsten acht Jahre den Landkreis leitet.
Anmerkung der Redaktion: Wir alle sollten von unserem Wahlrecht Gebrauch machen!