KREIS MAINZ-BINGEN. Ob in Pavillons oder kleinen Holzhäusern: In unserer Region gibt es ein großes Angebot an Teststellen. Aber nicht alle arbeiten den Anforderungen entsprechend. Oft mangelt es am notwendigen Hygieneverständnis sowie dem Verantwortungsbewusstsein bei der Durchführung der Tests. Zwei Kontrolleurinnen des Gesundheitsamtes Mainz-Bingen prüfen stichprobenartig, ob alles richtig läuft. Alleine im Kreis Mainz-Bingen sind 126 Teststationen registriert.
Unangekündigte Kontrollen
Ein Klemmbrett unter dem Arm, Zollstock und Stift in der Hand: Amtsärztin Dr. Katja Brunsch und die medizinische Assistentin Sabine Klein machen sich auf den Weg. Auf dem heutigen Programm stehen Begutachtungen von Teststellen in der Mainzer Neustadt.
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Seit einigen Wochen sind sie in der Stadt und im Landkreis verstärkt im Einsatz, um die Arbeit in den Teststellen genauer unter die Lupe zu nehmen. Die beiden Inspektorinnen kommen unangekündigt vorbei, um sich ein realistisches Bild vom Ablauf vor Ort machen zu können. Zwischen 30 und 60 Minuten kann eine solche Kontrolle dauern. Bereits mehrere Teststellen mussten die Kontrolleurinnen des Gesundheitsamtes seit Beginn der Begehungen vorübergehend oder dauerhaft schließen. Hinweise über die Situation vor Ort erhalten sie von Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit ihrer Beschwerde an das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV) oder direkt an das Gesundheitsamt wenden.
Von der gegenüberliegenden Straßenseite werfen Katja Brunsch und Sabine Klein zunächst einen prüfenden Blick von außen auf die erste Teststation. Sofort fällt auf: Das Häuschen ist sehr klein, was sich beim späteren Ausmessen bestätigt. „Hinsichtlich der Arbeitssicherheit gibt es genaue Vorgaben zur Größe der Räumlichkeiten, aber Seitens des Landes gibt es diesbezüglich keine einheitlichen Vorgaben“, erklärt Katja Brunsch.
Mindestabstand, Mundschutz, Handdesinfektion
Dann stellen sie sich der Mitarbeiterin der Station vor – ganz höflich und ruhig. Sie kämen vom Gesundheitsamt und würden sich gerne erklären lassen, wie der Ablauf in dieser Teststelle funktioniert. Dabei stellen sie fest, dass die Absperrungen am Eingang nicht dem Mindestabstand von 1,5 Metern entsprechen, kein Hinweis auf das Tragen eines Mundschutzes zu sehen und kein Händedesinfektionsmittel für die Bürger vorhanden ist. Abweichungen von der Anforderung an die Größe eines Arbeitsplatzes melden die Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes der zuständigen Gewerbeaufsicht genauso wie nicht DGUV-geprüfte elektrische Geräte oder Unklarheiten beziehungsweise Auffälligkeiten bezüglich der Arbeitssicherheit.
Dann beginnt die genauere Kontrolle: Welche Tests bieten Sie hier an? Wie erfolgt die Probeentnahme? Wie sind die Testkits gelagert? Wie überprüfen Sie die Identität der Kunden? Was ist vor dem Speicheltest zu beachten? Wie entsorgen Sie den Müll? Der Prüfkatalog enthält viele Fragen.
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Dabei orientieren sich die beiden Mitarbeiterinnen an den Vorgaben des LSJV. Sabine Klein schreibt akribisch mit, sie führt bei den Rundgängen eine Checkliste. Und die hat es in sich: Auf mehreren Din A4-Seiten wird unter anderem dokumentiert, ob die Tests korrekt durchgeführt und die Hygienestandards eingehalten werden.
Beim Spucktest vorher nichts essen
An dieser Station werden Spucktests angeboten. „Sie müssen die Leute unbedingt darauf aufmerksam machen, dass sie 15 bis 30 Minuten vor der Testung nicht mehr rauchen, essen oder trinken. Dies kann bereits bei deren Online-Anmeldung beziehungsweise vor Ort mit einer Beschilderung geschehen“, erklärt die Amtsärztin Dr. Katja Brunsch. Sabine Klein lässt sich unterdessen im Inneren des Holzhäuschens die vorgeschriebenen Schulungsnachweise der Teststellen-Mitarbeiter zeigen. Sie blättert einen Ordner durch – die notwendigen Unterlagen sind griffbereit, auch der Hygieneplan ist einsehbar. Denn jeder Mitarbeiter hat ein offizielles Zertifikat des Landes Rheinland-Pfalz vorzulegen. Um das zu bekommen, ist die Teilnahme an einem Online-Kurs erforderlich. Im Häuschen fällt hingegen etwas Anderes auf: Die Privatkleidung hängt in der Nähe bereits getragener Schutzkleidung, die eigene Trinkflasche steht auf der Arbeitsfläche. „Sie brauchen eine klare Trennung zwischen sauberem Verwaltungs- und kontaminiertem Testbereich. Sie arbeiten hier mit hochinfektiösem Material. Sie müssen sich selbst besser schützen“, verdeutlichen Brunsch und Klein. Deshalb lassen sie sich noch zeigen, wie die Mitarbeiterin der Teststelle ihre Schutzkleidung wechselt und entsorgt.
Am Ende gibt es einen Kontrollbericht
Am Ende fertigt Dr. Katja Brunsch einen Kontrollbericht an mit allen Beanstandungen, die die Teststation bis zur nächsten Begehung beheben muss. Das klare Fazit: Neben den Mängeln vor der Teststelle ist die Trennung zwischen Verwaltungs- und Testbereich unzulänglich und muss behoben werden. Das wird die Amtsärztin auch noch einmal dem Betreiber der Teststelle telefonisch mitteilen. Doch im Großen und Ganzen schneidet die Station mit einem ordentlichen Ergebnis ab. „Wir haben schon sehr viel schlechtere Zustände gesehen. Wenn die Auflagen erfüllt werden, kann der Betrieb aufrechterhalten werden“, halten die Kontrolleurinnen fest.
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Geduldig und fokussiert – Katja Brunsch und Sabine Klein sind ein eingespieltes Team. Das zeigt sich auch bei der zweiten Teststelle, die von ihnen angesteuert wird. Hier werden Nasen- und Lolli-Tests angeboten. Dabei fällt den Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes vor allem das Lager auf: „Das ist viel zu wenig. Sie brauchen ausreichend Schutzkleidung“, sagt Katja Brunsch. Deshalb ihr Rat: „Immer vorausschauend bestellen.“
Auch die verwendeten Desinfektionsmittel werden genauestens untersucht: Diese sind in zwei äußerlich gleichen Sprühflaschen abgefüllt, eine Unterscheidung von Hände- und Flächendesinfektionsmittel ist so auf den ersten Blick nicht möglich. „Besser wäre es, wenn Sie einen Händedesinfektionsmittelspender hätten und Flächendesinfektionstücher nutzen“, erklärt die Amtsärztin. Zudem müsse immer klar nachvollziehbar sein, was tatsächlich in der Flasche enthalten ist und welches Haltbarkeitsdatum das Mittel hat. „Am besten Sie nutzen Desinfektionsmittel, die vom Verbund für Angewandte Hygiene (VAH) gelistet sind“, so Sabine Klein. „Handelsübliche Desinfektionsgels sollten insbesondere für das Testpersonal nicht verwendet werden.“
Abstrich streng nach Gebrauchsanweisung
Aber in der Teststelle kommt es noch auf etwas Anderes an. Ein Blick auf das Thermometer zeigt: Die Temperatur ist angemessen. Denn abweichende Temperaturen während der Lagerung und Durchführung der Tests können das Testergebnis verfälschen.
Dann lassen sich die beiden Kolleginnen genau zeigen, wie der Lolli-Test angewendet wird. Der Mitarbeiter der Teststelle führt den Abstrich vor, indem er das Stäbchen kurz an beiden Wangeninnenseiten entlang streicht. „Das war’s?“, fragt Katja Brunsch kritisch.
Nachfolgend wird die korrekte Testdurchführung besprochen. Bei dieser Art Test ist es wichtig, die Kunden darauf hinzuweisen, dass der Speichel durch eine Art Räuspern oder Husten vom Rachen her nach vorne gebracht werden muss. Sabine Klein betont, dass bei nicht ordnungsgemäßer Durchführung entsprechend der Gebrauchsanweisung falsch negative Testergebnisse resultieren mit den entsprechenden Folgen.
Beim Testen ist der Ausweis wichtig
In der Zwischenzeit kommt eine Familie zur Station, um sich testen zu lassen. „Wie überprüfen Sie die Identität von den Kindern?“, lautet in diesem Zusammenhang eine Frage. Der Mitarbeiter der Station erklärt, dass er sich einen Ausweis zeigen lässt. Katja Brunsch nickt: „Das ist richtig. Sie müssen sich in jedem Fall einen Nachweis geben lassen – zum Beispiel den Kinderausweis, Reisepass, Krankenkassenkarte oder einen Schülerausweis mit Lichtbild.“ Wichtig sei auch, dass Angehörige bei der Testung dabei sind oder eine Einverständniserklärung der Eltern vorliegt. Auch an dieser Teststelle schreiben die Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes abschließend ihren Kontrollbericht mit den Mängeln, die es zu beheben gilt.
Die Zulassung und Überprüfung der Teststationen ist eigentlich eine originäre Aufgabe des LSJV, das jedoch die Gesundheitsämter und die Gewerbeaufsicht um Unterstützung bei der Begehung vor Ort bittet. Beschwerden können über die Internetseite corona.rlp.de unter dem Schlagwort „Testen“ eingereicht werden. Doch auch direkt beim Gesundheitsamt Mainz-Bingen gehen Beschwerden ein, weswegen die Kolleginnen stichprobenartig kontrollieren. Und deshalb steht eins fest: Bei der zunehmenden Anzahl von Beschwerden werden sich Dr. Katja Brunsch und Sabine Klein demnächst wieder auf den Weg machen, um die eine oder andere Teststelle genauer unter die Lupe zu nehmen.
red / 11.04.22
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