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17. Juli 2025
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Bundeskanzlerwahl geht in die Geschichtsbücher ein – Bundestagspräsidentin Klöckner im Nahe News Interview

BERLIN. Die gestrige Bundeskanzlerwahl war ein historischer Moment in der deutschen Politik, da Friedrich Merz im ersten Wahlgang nicht die erforderliche absolute Mehrheit erzielen konnte – ein Ereignis, das viele Beobachter überrascht hat und die politische Landschaft in Bewegung bringt. Wir sprachen mit der Bad Kreuznacher Bundestagspräsidentin Julia Klöckner über die Hintergründe, die Bedeutung dieses Ergebnisses und wie sie den historischen Moment erlebte.

Frau Präsidentin, zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wurde ein Kanzlerkandidat im ersten Wahlgang nicht gewählt. Wie bewerten Sie diesen historischen Moment?
Julia Klöckner: „Der gestrige Tag geht zumindest in die Geschichtsbücher ein, weil es einen solchen Vorgang bisher noch nicht gab. Aber für einen solchen Fall sieht die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages Regelungen vor. Die Lage wurde unter den Fraktionen des Deutschen Bundestages nach meinem Eindruck zügig und gut gelöst. Gut, dass der zweite Wahlgang noch am selben Tag stattfinden konnte und erfolgreich war und Deutschland nun wieder eine arbeitsfähige Bundesregierung hat“.

Gab es, für Sie als Bundestagspräsidentin im Vorfeld Anzeichen dafür, dass die absolute Mehrheit wackeln könnte und sollte die Kanzlerwahl künftig reformiert oder besser vorbereitet werden – etwa durch verpflichtende Vorabklärungen oder andere Verfahren?

Blick in die Reihen der CDU/CSU-Fraktion während der Verkündung des Ergebnisses des 1. Wahlganges.

Julia Klöckner: „Die Wahl des Bundeskanzlers ist eine geheime Wahl. Es liegt in der Natur einer demokratischen und geheimen Wahl, dass das Ergebnis erst nach der Abstimmung feststeht. Eine Reform der Wahl ist nicht notwendig. Wie man sieht, haben sich die Regelungen bewährt, wie man bei einer Nichtwahl im ersten Wahlgang weiter vorgeht“.

Was sagt dieses Ergebnis Ihrer Meinung nach über die Geschlossenheit der Koalition oder das politische Klima im Parlament aus?
Julia Klöckner:
„Am Ende hat die Koalition gemeinsam mehr als die erforderliche Mehrheit stehen gehabt, um Friedrich Merz zum Kanzler zu wählen. Wenn auch erst im zweiten Wahlgang. Spekulationen, warum das so war, verbieten sich für mich im Amt der Bundestagspräsidentin. Grundsätzlich möchte ich festhalten: Die Fraktionen des Deutschen Bundestages haben sich nach dem nicht erfolgreichen ersten Wahlgang sehr verantwortungsvoll und für einen bisher in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Fall sehr zügig beraten.“

Was genau waren Ihre nächsten Schritte als Bundestagspräsidentin unmittelbar nach dem ersten gescheiterten Wahlgang?
Julia Klöckner:
„Nachdem das Ergebnis des 1. Wahlgangs feststand, habe ich alle Parlamentarischen Geschäftsführer darüber informiert, dass ich zum einen die Sitzung unterbrechen werde und zum anderen, dass ein 2. Wahlgang unter Beachtung der geltenden Fristen in der Geschäftsordnung erst am Freitag möglich wäre. Es sei denn, die Fraktionen vereinbaren sich anders auf Grundlage von Mehrheiten.“

Können Sie kurz erklären, wie das weitere Prozedere laut Grundgesetz aussieht und welche Fristen dabei gelten?
Julia Klöckner:
„Der Bundespräsident hat den Wahlvorschlag für den ersten Wahlgang gemacht. Nach einem nicht geglückten Wahlgang gilt dieser Vorschlag nicht mehr. Der Vorschlag für einen zweiten Wahlvorgang muss aus dem Parlament kommen. Die einschlägigen parlamentarischen Fristen sind in der Geschäftsordnung des Bundestages geregelt. Die Geschäftsordnung sagt schlicht, dass eine Wahlvorlage, die als Drucksache verteilt wird, erst am dritten Tag nach der Verteilung aufgerufen werden kann. Also wäre das der Freitag gewesen. Wenn davon abgewichen werden soll, müssen sich die Fraktionen darauf verständigen, dafür braucht es mindestens eine 2/3-Mehrheit. Mit einer 2/3-Mehrheit kann von einer solchen Vorgabe in der Geschäftsordnung abgewichen werden. Was dann auch der Fall war.“

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner bei der Verkündung des Ergebnisses zur Wahl von Friedrich Merz.

Wie haben Sie persönlich den Moment erlebt, als deutlich wurde: Der Kanzlerkandidat hat nicht die Mehrheit – und Sie müssen eine historische Sitzung weiterführen?
Julia Klöckner:
„Mir war sofort klar, dass ich jetzt die Sitzung unterbrechen, die parlamentarischen Geschäftsführer zu mir bitten und informieren musste, dass sie nun in die Beratungen miteinander gehen müssen.“

Hat dieses Ereignis Ihrer Meinung nach das Vertrauen in die parlamentarische Ordnung erschüttert – oder eher gestärkt, weil sich Demokratie hier bewährt hat?
Julia Klöckner:
„Der Bundestag hat dem Antrag auf Fristverkürzung für einen 2. Wahlgang bei der Kanzlerwahl einstimmig entsprochen, der Bundestag hat also einstimmig beschlossen, von den Fristen in der Geschäftsordnung abzuweichen. Das ist außergewöhnlich und das ermutigende Signal: Unsere parlamentarische Demokratie funktioniert.“

Welche Lehren ziehen Sie aus diesem Vorgang für Ihre weitere Amtszeit als Bundestagspräsidentin?
Julia Klöckner:
„Im Deutschen Bundestag ist eine konstruktive und kompromissorientierte parlamentarische Zusammenarbeit unabdingbar.“

Vielen Dank für das Interview, und dass Sie sich die Zeit genommen trotz ihres engen Terminkalenders.


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